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Nicht alle Wünsche sollten in Erfüllung gehen
Unter dem Titel „Wenn ich mir was wünschen dürfte“ veranstaltete die Musikschule Butzbach vergangenen Sonntag ein Künstlerkonzert mit der Sängerin Alexandra Steinhauer und der Akkordeonistin Petra Jehle, welche unter dem Duonamen „Die Herbstzeit-Rosen“ auftreten. Beide sind Butzbacherinnen und seit vielen Jahren Lehrkräfte an der Musikschule. Vom Publikum durfte sich niemand ein Lied oder etwas anderes wünschen, dennoch blieb bei dem Programm und seiner Ausgestaltung keine Sehnsucht unerfüllt. Die beiden Künstlerinnen hatten sich an der Breitseite der Wendelinskapelle aufgestellt und somit einen sehr guten Kontakt zu den vielen ZuhörerInnen. Zudem hatten sie mit Requisiten wie Garderobenständer, Gummistiefel, Barhocker und Rotwein eine passende Atmosphäre geschaffen. Passend für die Salon-, Film- und Chansonmusik. Gerade letzterer Begriff wurde auf dem Programm auch erklärt: „Das Chanson ist der irrwitzige Versuch, die Welt in ein paar gesungenen Versen zu erfassen“. Alexandra Steinhauer moderierte informativ und witzig und so erfuhren die Anwesenden, dass „Ganz Paris träumt von der Liebe“ 1954 von Catharina Valente gesungen wurde, dass Gilbert Becaud „Am Tag, als der Regen kam" 1959 in einem Jahrhundertsommer komponierte und der Titel trotzdem – oder deswegen? – wochenlang in der Hitparade auf Platz 1 war. Von Consuelo Velaquez war „Besame mucho“ auf englisch und spanisch zu hören. Beispielhaft sei hier die enorme Musikalität beider Künstlerinnen beschrieben. Dieses eher melancholische Stück mit der Bitte darum, ganz fest und innig geküsst zu werden, sang Alexandra Steinhauer mit einer Intensität, die ebenso wie die solistische Akkordeon-Einlage von Petra Jehle Gänsehaut verursachte. Mit ausgefeilter Dynamik in einem eher leisen Bereich und leichter Agogik brachten sie die Zuhörer zum innerlichen Mitsummen und einem Ohrwurm in der darauffolgenden Pause.
Weiter ging es anschließend mit Friedrich Hollaenders „Wenn ich mir was wünschen dürfte“. Gar nicht so einfach, denn wenn einem alles erfüllt wird, bekommt man möglicherweise Sehnsucht nach dem Traurigsein. In „Kann denn Liebe Sünde sein“, 1938 gesungen von Zahra Leander, zeigte Alexandra Steinhauer ihre stimmliche Bandbreite von Sprechen über Sprechgesang bis zu ihrem klangvollen Sopran. Noch ein weiteres Requisit, nämlich eine Bettdecke, fand Verwendung im „Stoßseufzer einer Dame, in bewegter Nacht“ von Theobald Tiger, einem der vielen Pseudonyme von Kurt Tuchholsky. Wie in anderen Stücken auch gestaltete Alexandra Steinhauer diese Musik mit vielen Gesten und Gesichtsausdrücken, unterstützt von Petra Jehle, die jede kleinste musikalische Flexibilität sofort in der Begleitung aufnahm. Der „irrwitzige Versuch der musikalischen Welterfassung“ ist an dem Abend äußerst erfolgreich gewesen und ließ dem Publikum dennoch Raum für eigene Vorstellungen. Ein mit viel Applaus bedachtes gelungenes Konzert.