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Neue Unterrichtsformate: Öffentliche Musikschulen sichern Teilhabe an Musik

Auf die öffentlichen Musikschulen in Hessen wirken sich die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus erheblich aus. Digitale Formate helfen, den Unterrichtsausfall aufzufangen. Musikschulen und Honorarkräfte setzen auf die Soforthilfe durch das Land Hessen.

Sollte nach den Osterferien die behördliche Schließung der Musikschule Butzbach verlängert werden, wird ein Teil der Lehrkräfte den Instrumental- und Gesangsunterricht in digitalen Formaten anbieten. Bis zu den Ferien wurde dies erprobt und die digitalen Möglichkeiten bezüglich Bild und Ton im Kollegium ausgetauscht. Die Schülerinnen und Schüler bzw. deren Eltern derjenigen Lehrkräfte, welche dies anbieten, sind noch vor den Osterferien darüber direkt per mail informiert worden. Es bleibt ihnen dann überlassen, ob sie das Angebot annehmen wollen. Für die Musikschule Butzbach ist es wichtig, ihre Schüler wo immer möglich weiter zu betreuen. Für die Ballettabteilung wird es im Fall der Verlängerung der Schließung ab nach den Osterferien ein Video zum Mittanzen geben. Jetzt schon sehen kann man auf der youtube-Seite der Musikschule Butzbach am Beispiel des Gitarrenunterrichts, dass es mit Musik immer weitergeht. „Mit solchen Lösungen ermöglichen die öffentlichen Musikschulen weiterhin die Teilhabe an Musik für alle sozialen Bevölkerungsgruppen und tragen damit zu einem konstruktiven Umgang mit der durch das Coronavirus ausgelösten schwierigen Situation bei“, sagt der Landesvorsitzende des Verbands deutscher Musikschulen, Landesverband Hessen e.V. Michael Eberhardt.

Und wie funktioniert digitaler Musikunterricht? Beispielsweise treffen sich die Lehrkräfte mit ihren Schülerinnen und Schülern über Videokonferenzen zum virtuellen Musikunterricht. Das lässt sich mit gängigen Smartphones, Tablets oder Laptops umsetzen. Der Ablauf ähnelt einer persönlichen Musikstunde: Schülerinnen und Schüler spielen etwas vor, die Lehrkraft hört und sieht zu, ermutigt, gibt Tipps, korrigiert und demonstriert, wie es klingen sollte.

Die Kommunikation zwischen den Musikschülern und ihren Lehrkräften ist allerdings begrenzt. Bedingt durch zeitliche Verzögerung der digitalen Medien gehen direkte Hinweise etwa zum Anschlag und der Spieltechnik verloren. Dies wirkt sich auf den Klang und die Fingerbewegungen aus. „Das birgt jedoch auch Chancen im besten Sinne der Persönlichkeitsbildung, weil die Selbständigkeit der Musikschülerinnen und Musikschüler durch das selbstbestimmte Umsetzen von Aufgaben stärker gefördert wird“, erklärt Hans-Joachim Rieß, Landesgeschäftsführer des VdM Hessen.

An seine Grenzen gerät der digitale Unterricht beispielsweise bei der Elementaren Musikpädagogik in Großgruppen von rund zwölf Kindern, wie sie direkt an der Musikschule oder an Kindertagesstätten angeboten wird. Und auch Unterricht in Ensemble- und Ergänzungsfächern mit noch größerer Personenzahl lässt sich kaum digital ersetzen.

In Hessen haben sich 66 öffentliche Musikschulen unter dem Dach des VdM Hessen organisiert. Ihre rund 2.700 musikpädagogisch qualifizierten Fachlehrkräfte vermitteln circa 130.000 Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen die außerordentliche Vielfalt der Musik. Weil die öffentlichen Musikschulen derzeit ihren Betrieb nur teilweise aufrecht erhalten können, sehen sie sich mit einem Ausfall von Unterrichtsgebühren konfrontiert. Diese machen bis zu 80 Prozent der Gesamtfinanzierung aus.

Zur Existenzfrage wird die aktuelle Situation besonders für die an den Musikschulen tätigen selbständigen Honorarlehrkräfte.